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Presse

Lingener Tagespost (10/2007): Löste Funkturm Krebserkrankungen aus?
In Schepsdorf sind in den letzten Jahren mehrere Menschen an Krebs erkrankt. Bürger sorgen sich, dass dies mit dem Funkturm in Verbindung stehen könnte, der in dem Lingener Ortsteil steht.

Die Familien Schnieders (Libellenweg 2), Pieper (Kiefernstraße 44) und Rickling (Kiefernstraße 46) sowie Friedhelm Haverland (Kiefernstraße 40 A) haben sich deshalb kürzlich in einer Fragebogenaktion an ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger in dem älteren Baugebiet gewandt, um unter Wahrung der Anonymität die genaue Zahl und Art der Tumorerkrankungen zu ermitteln.

In einem Gespräch mit unserer Zeitung erläuterten Karl Rickling, Ernst Schnieders und Friedhelm Haverland Einzelheiten der Aktion. Nach ihren Angaben wurden bis jetzt rund 15 von etwa 60 Fragebogen, die an die Bewohner der Kiefernstraße, des Libellenwegs und des Falterwegs verteilt wurden, wieder abgegeben. Sie werden dem Gesundheitsamt des Landkreises Emsland zugeleitet. Nach Einschätzung der drei Schepsdorfer Bürger sind Einwohner jedes zweiten Hauses in den genannten Straßen von der heimtückischen Krankheit betroffen.

Der 66-jährige frühere Diplom-Ingenieur Rickling mutmaßt schon seit längerem, dass die verschiedenen Funkanlagen auf dem Turm eine unheilvolle Rolle spielen. Mit Unterstützung der Bundesnetzagentur/Außenstelle Leer gelang es ihm, bis 1990 zurückzuverfolgen, welche Anlagen sich auf dem Turm befanden, der nach Angaben von Ortsbürgermeister Peter Scholz in den Jahren 1976/1977 gebaut wurde.

Rickling konnte nicht mehr ermitteln, was für Anlagen in den achtziger Jahren dort vorhanden waren. Der Schepsdorfer: "Es muss das reinste Chaos gewesen sein. Ständig wurden verschiedene Sendeanlagen auf- und abgebaut. Fortwährend gab es einen Wechsel bei den Eigentümern." Nach seinen Angaben waren die Sender damals nicht genehmigungspflichtig. Anfang der achtziger Jahre sei das Baugebiet entstanden, in dem jetzt mehrere Menschen schwer erkrankt seien. Friedhelm Haverland berichtete, dass kürzlich verschiedene Anlagenteile auf dem Turm abgebaut worden seien.

Nach Angaben von Hans-Josef Lis, Fachbereichsleiter Bauen und Umwelt der Stadt Lingen, wird der Fernmeldeturm nach der Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur, die Genehmigungsbehörde ist, u.a. als Fernseh- und Rundfunksendeanlage, als Richtfunksendeanlage und vor allem für Sendeanlagen verschiedener Mobilfunkbetreiber wie D1 und E plus genutzt. Die letzten Anlagen, bei denen es sich um Mobilfunk handelt, wurden Lis zufolge 2004 installiert.

Er verwies darauf, dass im Jahr 2005 in Lingen die Strahlenbelastung in Schulen, Kindergärten und in einem kleinen Wohnumfeld im Rahmen eines landesweiten Programms gemessen wurde. "Bei allen Messungen wurden die zulässigen Grenzwerte der Immissionen weit unterschritten", berichtete Lis und fügte hinzu: "Teilweise machten sie weniger als einen Prozent der zulässigen Grenzwerte aus."

Als Reaktion auf die Sorgen der Schepsdorfer solle es im nächsten Jahr in dem Ortsteil einen Monat lang eine Langzeitmessung an einem öffentlichen Gebäude geben. Die Bundesnetzagentur habe zwischenzeitlich signalisiert, für diese Zeit ein Messgerät zur Verfügung stellen zu wollen, teilte der Fachbereichsleiter mit. Darüber hinaus seien Tagesmessungen an anderen Stellen in Schepsdorf vorgesehen, um Vergleichswerte zu erhalten. Lis hatte bereits im Mai zu diesem Thema in einer Sitzung des Ortsrates referiert.

Friedhelm Haverland forderte nach eigenen Worten den Schepsdorfer Ortsbürgermeister Scholz im Jahr 2006 auf, das Thema im Ortsrat zu behandeln. Gegenüber unserer Zeitung äußerten Scholz und Ortsratsmitglied Michael Lammel Verständnis für die Fragebogenaktion der Bürger. Wegen der kleinen Zahl der Befragten lasse sich daraus aber keine statistische Aussage ableiten. Ebenso wie Lis machten auch Scholz und Lammel darauf aufmerksam, dass generell die Zahl der Krebserkrankungen bei älteren Menschen drastisch steige.

Nach der Mai-Sitzung des Ortsrates wurde eine dreiköpfige Arbeitsgruppe zum Thema Strahlenschutz gebildet, der neben Scholz und Lammel Ortsratsmitglied Joachim Gels angehört. Auch der Landkreis Emsland nimmt die Sorgen der Bürger "sehr ernst" und kooperiere eng mit der Stadt Lingen, wie Pressesprecherin Anja Rohde unterstrich. Die Fachbereichsleiterin Gesundheit, Dr. Birgit Stoßberg, kümmert sich um das Thema. Die Bürger haben auch das Landeskrebsregister eingeschaltet.

Gespannt ist Lis im Übrigen auf die Ergebnisse des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms, dessen Ergebnisse 2008 veröffentlicht werden sollen. "Das Forschungsprogramm hat Hand und Fuß", betonte Lis.

 

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